Gestaltetes Leben – Kulturelle Aspekte zwischen 1300 und 1600

Zusammenfassung

«Schwyzer Kultur» im Spätmittelalter war in erster Linie religiöse Kultur. Die Gewissheit des Todes und die Frage nach dem «danach» prägten das Leben der Menschen. Die Vorstellung, das eigene Schicksal beeinflussen zu können, bewirkte eine intensiv gelebte Volksfrömmigkeit. Häufige Busswallfahrten, tiefe Heiligenverehrung, eine Fülle sakraler Bauten oder der Totenkult waren Ausdruck dieses Bewusstseins. Gottgefälligkeit wurde darüber hinaus vom Gemeinwesen beansprucht und war grundlegend für das schwyzerische Selbstverständnis. Daneben entwickelte sich – wohl als Gegensatz – eine Kultur des Übermasses und des Überschwanges: die Festkultur. Dass gerade sie von der Obrigkeit kontrolliert (Fasnacht), aber auch politisch genutzt wurde (Schützenfeste), beweist den Einfluss von Kultur auf die mittelalterliche Gesellschaft. Beide, die religiöse Kultur wie auch die Festkultur, vereinten und ermöglichten gesellschaftliche Teilhabe.

Die Einübung kultureller Praxis war an verschiedene Personengruppen gebunden. Eltern und Weltgeistliche erzogen die nachfolgenden Generationen zu Normen und Werten sozialen Verhaltens. Die Vermittlung von elementarem Bildungswissen erfolgte mehrheitlich durch Ordensangehörige und seit dem 15. Jahrhundert auch durch Schulmeister. Höhere Bildung, etwa der Besuch einer Universität, war nur Vereinzelten vergönnt.

Die mittelalterliche Mobilität sorgte für Kulturtransfer über weite Strecken und somit auch ins heutige Schwyzer Kantonsgebiet; vieles war hier gleich oder ähnlich wie andernorts. Typisch schwyzerisch war hingegen die Art, wie Kultur geformt wurde – und Identität ermöglichte. Sie zeigte sich in speziellen Gebetsformen, in einer eigenen Herkunftssage, durch einen ausgesprochenen Gedächtnis- und Erinnerungskult, im Gebaren, wie man sich selber inszenierte und zelebrierte, wie man sich freute, hoffte, trauerte; kurzum: wie man das Leben gestaltete.


Gestaltetes Leben – Kulturelle Aspekte zwischen 1300 und 1600
Die Geschichte des Kantons Schwyz, Band 2, S. 203-229
Autor: Valentin Kessler

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