Regieren und verwalten
Zusammenfassung
Die staatlichen Strukturen des frühneuzeitlichen Länderorts Schwyz haben sich im ausgehenden 16. und im 17. Jahrhundert konsolidiert. Prägend waren – parallel zum einsetzenden Absolutismus in Europa – eine «Aristokratisierung» der Führungsgruppen und politische Abschliessungstendenzen. Die Macht wurde innerhalb der neuen Führungsschicht verteilt, die politischen und ökonomischen Interessen im Soldwesen wurden weitgehend gewahrt. Ein Parteienwesen, das massgeblich durch die Beziehungen zu den Soldherren beeinflusst wurde, korrumpierte die an den Landsgemeindegeschäften beteiligten Landleute. Die kleine Führungsschicht sah den Staat als «Familienbetrieb», der vorab den eigenen Zwecken diente. Nicht nur die Führungsschicht, auch die Landleute schotteten sich ab. Das Landrecht wurde teuer verkauft und war für viele unerreichbar. Sie blieben sogenannte Beisassen ohne politische Mitbestimmung und ohne wirtschaftliche Partizipation. Das Verhältnis zwischen dem obrigkeitlichen Schwyz und den angehörigen Landschaften wurde dadurch zunehmend angespannt, die Unzufriedenheit wuchs.
Der Staat selber – in Schwyz oder in den angehörigen Landschaften – beschränkte sich auf die nötigsten öffentlichen Aufgaben. Trotzdem wurde die Regelungsdichte (Landrechtsbestimmungen oder Satzungen) grösser, die behördliche Tätigkeit umfassender, die Rechtssicherheit wurde ausgebaut. Archaisch blieben die eigentlichen politischen Gremien: der Landrat war die Drehscheibe der Politik; die Landsgemeinde suggerierte den Landleuten den Eindruck, mitbestimmen zu können. Wirklich wichtige Entscheide wurden aber von wenigen politisch und wirtschaftlich potenten Amtsträgern gefällt.
Schon im 16. Jahrhundert lässt sich in Schwyz eine latente Opposition gegen die Führungsgruppe feststellen. Meistens gaben Ungereimtheiten bei den Soldgeschäften zu Widerstand Anlass. 1557 wurde der mächtige Landammann Dietrich In der Halden abgesetzt. Nach 1605 wurde sein Schwiegersohn, Landammann Rudolf Reding, wegen ausbleibender Soldzahlungen bedrängt. Nebst staatspolitischen auch konfessionelle Hintergründe hatten die Meuterei der Schwyzer Soldaten im Bauernkrieg von 1653 und der Streit um das eidgenössische Verteidigungsbündnis (Defensionale) nach 1676. Eine eigentliche Oppositionspartei gegen die Herren formierte sich nach 1700 unter Josef Anton Stadler. Ihr gelang es während mehrerer Jahre, die Herrschaft an sich zu reissen und das starre gesellschaftliche und politische Gefüge aufzubrechen, bis sie nach 1708 selber unterging.
Regieren und verwalten
(inklusive Exkurs von Oliver Landolt zum Finanzhaushalt des Standes Schwyz in der Frühen Neuzeit)
Die Geschichte des Kantons Schwyz, Band 3, S. 9-67
Autor: Kaspar Michel
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